Immer öfter werden Bürgermeister:innen in Vorarlberg mit empfindlichen Verwaltungsstrafen belegt – häufig ohne eigenes Verschulden. Ein aktueller Fall aus einer Gemeinde zeigt das Problem deutlich: Ein Fristversäumnis des Vorgängers bedeutet für den Bürgermeister eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von mehreren Tausend Euro, die er aus eigener Tasche begleichen muss.
Engagement für die Gemeinde ist aufgrund aktueller rechtlicher Bedingungen mit einem persönlichen Haftungsrisiko verbunden, das in keinem Verhältnis mehr steht. Der Vorarlberger Gemeindeverband fordert daher gesetzliche Anpassungen, um Bürgermeister:innen besser abzusichern und für gerechte Rahmenbedingungen zu sorgen.
Verwarnung statt Strafbescheid
„Bürgermeisterinnen und Bürgermeister leisten tagtäglich enorm viel für ihre Gemeinden. Sie handeln – oft unter großem Zeitdruck und bei unklaren Informationen – nach bestem Wissen und Gewissen, übernehmen Verantwortung und stehen für Entscheidungen ein – auch für solche, die sie gar nicht selbst getroffen haben“, sagt VGV-Präsident Walter Gohm. „Dass sie für kleinste Versehen oder Formalfehler persönlich mit hohen Strafen belangt werden, ist unverständlich. Oft wäre eine Verwarnung ausreichend, gerade wenn niemandem ein Schaden entsteht und Versäumnisse nach einem entsprechenden Hinweis einfach nachgeholt werden könnten – stattdessen wird rasch ein Strafbescheid ausgestellt.“
Wie groß die Schieflage mittlerweile ist, zeigt der eingangs erwähnte Fall aus einer mittelgroßen Gemeinde in Vorarlberg: Dort erhielt der amtierende Bürgermeister eine Verwaltungsstrafe, weil sein Vorgänger eine Frist versäumt hatte. Von dieser Frist sowie der gesamten Angelegenheit wusste der Nachfolger bis zum Einlangen des Strafbescheids nichts. Solche Fälle belasten nicht nur die Betroffenen, sondern schrecken Menschen auch ab, ein Bürgermeisteramt überhaupt zu übernehmen.
Änderungen sind möglich
Der Gemeindeverband verweist auf ein positives Beispiel aus Salzburg: Dort wurde das Pflegegesetz so geändert, dass Strafen auch gegen die Gemeinden selbst verhängt werden können – und nicht automatisch gegen die Bürgermeister:innen persönlich. Diese Regelung entlastet die Verantwortungsträger, ohne die Haftung der öffentlichen Hand auszuhebeln.
Doch innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens ist eine Entlastung nur schwer möglich. Zwar sieht das Verwaltungsstrafgesetz grundsätzlich die Möglichkeit vor, „verantwortliche Beauftragte“ zu bestellen, die für bestimmte Aufgabenbereiche die Verantwortung übernehmen. In der Praxis funktioniert das aber gerade in kleineren Gemeinden kaum: Häufig gibt es keine Bediensteten, die diese Verantwortung samt Haftungsrisiko übernehmen möchten oder überhaupt können. Damit bleibt die gesamte Haftung faktisch beim Bürgermeister oder bei der Bürgermeisterin, selbst für geringfügige Verstöße.
Auch in der Privatwirtschaft ist es längst üblich, dass Verantwortung und Haftung sachgerecht verteilt werden. Geschäftsführer:innen haften zwar formell für Verwaltungsübertretungen, können aber durch gesetzliche Regelungen, Versicherungen oder die Gesellschaft selbst entlastet werden – solange kein gröberes Verschulden vorliegt. Für Bürgermeister:innen braucht es vergleichbare Möglichkeiten.
„Es geht nicht darum, Verantwortung abzuschieben“, betont Gohm. „Aber wer sich in den Dienst der Gemeinschaft stellt, verdient faire Rahmenbedingungen. Wenn Bürgermeister:innen für kleinste Formfehler persönlich haften müssen, obwohl sie im Interesse ihrer Gemeinde handeln, läuft etwas schief.“