Gemeindeverbands-Präsidentin Andrea Kaufmann konnte zum mittlerweile 48. Gemeindetag zahlreiche Vertreter:innen der Vorarlberger Gemeinden in Frastanz begrüßen und führte durch das vielschichtige Programm. Im Fokus standen neben der für die Zukunft sehr bedeutsamen Zusammenführung der Rechtsträger des Vorarlberger Gemeindeverbands und einem Überblick zu den Themen und Herausforderungen der Gemeinden weitere Highlights wie ein Impulsvortrag des Verfassungsjuristen Peter Bußjäger zum Thema Gemeindekooperationen sowie die Ehrung des langjährigen Geschäftsführers Otmar Müller.
Die Vertreter:innen aus den Gemeinden, der Politik sowie zahlreiche Ehrengäste waren der Einladung zum Gemeindetag in Frastanz gefolgt, darunter Landeshauptmann Markus Wallner samt weiteren Vertreter:innen der Landesregierung sowie des Landtags. „Mich freut es sehr, dass heute so viele zum 48. Gemeindetag gekommen sind. Das große Interesse an der Zusammenkunft und den spannenden Programmpunkten – insbesondere der für uns sehr bedeutsamen Zusammenführung der Rechtsträger als historischer Wegpunkt – unterstreicht nicht nur die Bedeutung dieser wichtigen Veranstaltung, sondern dokumentiert auch das große Engagement im Dienst für unsere Gemeinden“, sagte Kaufmann und führte anschließend durch einen Überblick zu wichtigen Meilensteinen und Herausforderungen.
Kraftakt für die Zukunft: Die Zusammenführung der Rechtsträger
Mit dem Beschluss zur Zusammenführung der Rechtsträger gelingt dem Vorarlberger Gemeindeverband ein Schritt von historischer und gleichsam zukunftsweisender Tragweite. Die Form und das breite Leistungsspektrum, in der und mit dem der Vorarlberger Gemeindeverband weiterhin für alle 96 Gemeinden kompetent und konsequent auftritt, ist einzigartig in Österreich. Seit 2020 treten die drei ursprünglich eigenständigen Organisationen, Gemeindeinformatik, Umweltverband und Vorarlberger Gemeindeverband gemeinsam und einheitlich unter dem Dach des Vorarlberger Gemeindeverbandes auf. Zudem wurden seit 2020 die interne Verwaltung dieser drei Organisationen schrittweise zusammengeführt und Parallelitäten abgebaut. „Damit die Aufgaben für die Gemeinden noch effizienter wahrgenommen werden können, ist es wichtig, diesen letzten Schritt zu gehen und die Rechtsformen bestmöglich zusammenzuführen. Dadurch kann auch ein einheitliches politisches Gremium ermöglicht werden, damit bestmögliche politische Steuerung, Aufsicht sowie Transparenz für die Gemeinden gewährleistet ist“, so die Präsidentin.
Diese sehr komplexe Umstrukturierung bzw. Zusammenführung neben dem herausfordernden Tagesgeschäft voranzutreiben, sei eine Leistung, die besondere Würdigung verdient, hielt Kaufmann fest: „Danke an alle, die bereits vor Jahrzehnten Grundsteine gelegt, Meilensteine begleitet haben und unter großer Anstrengung und Geduld weiterhin begleiten und diese Umsetzung nun miterleben dürfen.“
Land und Gemeinden müssen an einem Strang ziehen
Die Vorarlberger Landesregierung und der Vorarlberger Gemeindeverband können gegenseitig auf eine sehr gute und konstruktive Zusammenarbeit vertrauen. Verhandlungen wurden bis dato grundsätzlich immer auf Augenhöhe geführt, was nicht selbstverständlich sei. „Es ist in manchen Themenbereichen und aufgrund verschiedener Herangehensweisen nicht immer so einfach, auf Anhieb einen gemeinsamen Nenner zu finden, damit Theorie und Praxis miteinander Schritt halten können. Das sehen wir etwa am Beispiel Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz“, betonte Kaufmann. Zweifelsohne stellt die Kinderbetreuung in Zukunft eine große gesamtgesellschaftliche Herausforderung dar. Gerade deshalb setzt sich der Vorarlberger Gemeindeverband von Beginn an intensiv dafür ein, dass der vielerorts notwendige Ausbau für die Gemeinden auch umsetzbar wird. Dass dies kein einfaches Unterfangen darstellt, zeigen die vergangenen Monate relativ deutlich. Damit hier das bestmögliche Angebot für die Kinder und Eltern in Vorarlberg geboten werden könne, müssen alle Beteiligten am gleichen Strang ziehen und ihren Beitrag leisten.
Gemeindekooperationen werden unverzichtbar
Angesichts der vielzähligen, vor allem finanziellen und personellen, Herausforderungen haben die Gemeinden bereits früh das Potenzial von Kooperationen erkannt. Die Anpassungsfähigkeit der Gemeinden und die Bereitschaft, gemeinsam Lösungen zu finden, werde durch Kooperationsprojekte wie jenes der sechs Jagdberggemeinden dokumentiert: Hier wird der neue Verband bereits ab September 2023 die Koordination, Organisation und Durchführung der Kinder- bzw. Schülerbetreuung für bis zu 14-Jährigeübernehmen. „Weil die Herausforderungen in Zukunft nicht kleiner werden, ist das Gebot für uns Gemeinden, in vielen Bereichen noch intensiver zusammenzuarbeiten – mit derzeit über 260 formellen Gemeindekooperationen bewegen wir uns bereits im absoluten Spitzenfeld“, hielt Kaufmann fest. Zu den Chancen, Herausforderungen und auch Grenzen von Gemeindekooperationen gab Verfassungsjurist Prof. Dr. Peter Bußjäger mit einem Impulsvortrag spannende Einblicke.
Finanzielle Mittel dort, wo sie gebraucht werden
„Ein zusätzlicher Ausbau von Infrastruktur und Dienstleistung oder Qualitätssteigerungen in so wichtigen Bereichen wie Kinderbetreuung, Digitalisierung, Gesundheit, Pflege, Ökologisierung und ÖPNV ist ohne weitere, entsprechende finanzielle Mittel für die Gemeinden nicht mehr zu stemmen“, stellt Kaufmann klar. Oberste Priorität hat die Stärkung der Finanzkraft und der budgetären Spielräume für die Kommunen. Die Auswirkungen der Pandemie, der Krieg in der Ukraine mit den damit verbundenen Verwerfungen in der Wirtschaft sowie horrenden Energiekosten, die Abschaffung der kalten Progression und die enormen Preissteigerungen in nahezu allen – auch für die Gemeinden spürbaren – Bereichen schlagen sich deutlich nieder.
Das zeige auch die Ertragsanteilsprognose des BMF von dieser Woche. Gegenüber der Prognose vom Oktober 2022 mit einer Steigerung der Ertragsanteile um zwei Prozent auf 650,8 Millionen Euro für das Jahr 2023 sollen die Ertragsanteile nun um 1,3 Prozent auf 635,6 Millionen Euro sinken. „Obwohl uns hier derzeit lediglich die nackten Zahlen vorliegen, dürfte dieser Rückgang auf Einbrüche bei der Grunderwerbsteuer zurückzuführen sein: Die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung der Finanzmarktaufsicht hat die Immobilienkäufe in den vergangenen Monaten deutlich ausgebremst“, führt Kaufmann aus. Dieser Effekt sei bereits bei den Ertragsanteilsvorschüssen für die Monate Jänner bis April mit einem Minus von rund acht Millionen Euro für Vorarlberg zu spüren gewesen.
Ehrung verdienter Persönlichkeit: Otmar Müller
Otmar Müller war von 1995 bis 2021 – also mehr als ein Vierteljahrhundert – Geschäftsführer des Vorarlberger Gemeindeverbandes. Im Rahmen des Gemeindetages wurde er für sein großartiges Engagement im Dienste der Gemeinden mit dem Ehrenring des Vorarlberger Gemeindeverbandes entsprechend gewürdigt. In seiner Schaffenszeit hat Otmar Müller als fachlich äußerst versierter Impulsgeber zahlreiche Meilensteine erreicht, die aus der Gegenwart nicht mehr wegzudenken sind. Auch hat er den Vorarlberger Gemeindeverband maßgeblich zu dem mitgestaltet, was er heute ist: Eine schlagkräftige Interessensvertretung und geschätzte Servicestelle für die Vorarlberger Gemeinden. Seine Arbeit sei stets durch seine außergewöhnliche Persönlichkeit geprägt gewesen, hielt Andrea Kaufmann in ihrer Laudatio fest: „Bescheidenheit, Ehrlichkeit, aber gleichsam das Vermögen, stets klare Worte zu sprechen und starken Willen zu zeigen – das hat die Zusammenarbeit mit dieser besonderen Person ausgesprochen angenehm gestaltet. Seine profunde Kenntnis der Rechtsmaterien war stets begleitet von Augenmaß.“
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Bildnachweis: Vorarlberger Gemeindeverband/Eva Rauch; Zur freien Verwendung/Berichterstattung im Zusammenhang mit dem Vorarlberger Gemeindeverband.